Die Finger tanzen, die Töne klingen, eine winzige Pause und auf einmal “Bravo”…
Martin Stadtfeld. Sonntagsmatinee. Festspielhaus Baden-Baden. Es ist lange her, dass ich in einem klassischen Konzert gewesen bin. Lange her, dass ich im Festspielhaus den Zauber eines Konzertes erlebt habe. Ich war voller Vorfreude, wenn auch die Erkältung noch an mir nagte.
Martin Stadtfeld betrat die Bühne, verbeugte sich, setzte sich, hob seine Hände, als ob er den Flügel umarmen wollte, und begann zu spielen. Seine Finger tanzten, die Töne klangen, mir lief ein Schauer nach dem anderen über meine Haut. Immer wieder und immer wieder, wie so ein Überlaufbrunnen. Ich war glücklich, wach, interessiert. Ich folgte den Tönen und lies sie in meinem Körper spielen. Sie machten mich beweglich, elegant fühlte sich das an. Es war wundervoll dieses Spiel.
Und dann, auf einmal rief ein Mann laut Bravo. Mitten in einer winzigen Pause, die die Finger des Pianisten über den Tasten machten. Und dann dieses Bravo. Es war laut, kraftvoll. Es erfüllte den Raum. Und dann Stille. Im Publikum begann ein kurzer Applaus, es folgten ein paar Lacher – der Pianist spielte weiter. Wie lange dieser Moment: Bravo – Applaus – Gelächter – Weiterspielen gewesen ist, kann ich nicht sagen.
Doch dafür kann ich sagen, er hat mich zutiefst berührt. Dieser Moment, der Mann und sein Ruf. Auf einmal. Er füllt den Raum und erklingt tief. Tief aus einer Quelle in ihm, die nicht gefragt hat, ob sie darf. Die gerufen hat.
Ich bin diesem Mann sehr dankbar. Er hat mich in diesem Moment an meinen Ruf, meine Kraft erinnert. Ich liebe diese Momente.
Kennst Du sie auch, diese Momente? Kennst Du den der da ruft?